Rehkitzrettung

Rehkitzrettung in Südtirol

Im Mai und Juni bringen viele Tiere ihre Jungen zur Welt. Die Rehgeißen legen ihre Kitze in den ersten Wochen im hohen Gras ab und suchen sie nur zum Säugen auf. Das Kitz hat in dieser Zeit keinen Fluchtinstinkt. Bei Gefahr drückt es sich nur fest auf den Boden und hofft auf seine gute Tarnung. Dieses Verhalten wird den Kitzen zum Verhängnis, wenn die Mähmaschinen anrücken, denn vielerorts fällt die Setzzeit mit der ersten Mahd der Wiesen zusammen.

gerettete Rehkitze

ehrenamtlich geleistete Arbeitsstunden

freiwillige Kitzretter

Viele Landwirte und Jäger setzen sich seit Jahren gemeinsam für die Rettung der Kitze ein. Im Jahr 2025 führten 105 Südtiroler Jagdreviere Kitzrettungsaktionen durch. In enger Zusammenarbeit mit den Landwirten konnten in 12.816 ehrenamtlichen Stunden über 2.318 Rehkitze vor dem Mähtod gerettet werden. Eine beeindruckende Zahl, für die den Landwirten, Jägern und freiwilligen Helfern ein großes Lob gebührt!

Kurzfilm zur Rehkitzrettung mit der Drohne im Revier Kastelruth
Das Video entstand in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Bauernbund.

Methoden zur Rehkitzrettung

Für die Kitzrettung kommen viele verschiedene Maßnahmen zum Einsatz. Manche sind einfach umsetzbar, andere setzen auf spezialisierte Technik und benötigen etwas fachmännisches Geschick.

Am Tag vor der Mahd werden Maßnahmen zur Vergrämung der Rehgais und ihrer Kitze gesetzt. Am Tag der Mahd geht es darum, Kitze aktiv aus den Wiesen zu retten. Auch eine wildtierfreundliche Mähmethode kann unnötiges Tierleid vermeiden.

Die beste Wirkung erzielt man durch die Kombination verschiedener Maßnahmen.

Am Tag vor der Mahd

Abgehen der Wiese (mit dem Hund)

Am Abend vor der Mahd geht man mit einem Hund die Wiesenränder ab. Der Hund hinterlässt eine Witterung, die die Rehgeiß verunsichert. Sie holt ihr Kitz aus der Wiese.

Wichtig: Der Hund muss angeleint sein. Er soll sich einem Kitz oder anderen Wildtieren nicht nähern können.

Verblenden/Scheuchen

Beim Verblenden werden vor der Dämmerung Scheuchen in der Wiese platziert. Die Scheuchen erzeugen unregelmäßige Geräusche und Lichteffekte oder sondern unangenehme Gerüche ab. Die unregelmäßigen Störfaktoren verunsichern die Rehgeiß, sie holt ihr Kitz aus dem Versteck. Die beste Wirkung erzielt eine Kombination aus Geräusch-, Licht- und Farbeffekten sowie Gerüchen. Hierfür gibt es professionelle Geräte zu einem relativ günstigen Preis. Man kann aber auch selbst kreativ werden und blaue Müllsäcke (auf diese Farbe reagieren Rehe besonders stark) auf Holzpfählen befestigen oder Baustellenlampen aufstellen, die nachts blinken.

Der Wirkungsradius einer Scheuche beträgt maximal 100 Meter. Es braucht also je nach Fläche verschieden viele Scheuchen. Grundsätzlich sollte eine Scheuche ca. 50 m vom Wiesen- oder Waldrand entfernt und nicht mehr als 150 bis 200 m zur nächsten Scheuche aufgestellt werden.

Achtung, Gewöhnungseffekt! Rehe gewöhnen sich mit der Zeit an die Scheuche. Sie verstehen schnell, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Eine Scheuche erfüllt also nur ihren Zweck, wenn sie maximal ein bis zwei Tage vor der Mahd aufgestellt wird. Danach ist die Maßnahme wirkungslos.

Wichtig: Hat man die Scheuchen montiert, muss die Fläche in einem Radius von 10 m um die Scheuche gründlich nach Kitzen abgesucht werden. Eine Rehgeiß kann von dem piepsenden oder raschelnden Objekt so eingeschüchtert sein, dass sie sich nicht nahe genug herantraut, um ihr Kitz zu holen. Hier gilt also: die Fläche direkt um die Scheuche absuchen und Kitze weit genug wegbringen.

Beim Aufstellen von Scheuchen in Siedlungsnähe muss eine mögliche Störung der Nachbarn berücksichtigt werden.

Anmähen

Der Landwirt kann am Tag vor der Mahd eine kleine Fläche am Wiesenrand anmähen. Ein Streifen von 4 Metern Breite reicht aus. Am besten wird am Nachmittag oder noch vor der Dämmerung angemäht. Die veränderte Umgebung beunruhigt die Geiß.

Am Tag der Mahd

Menschenketten

Am Tag der Mahd wird die zu mähende Fläche systematisch nach Kitzen abgesucht. Mehrere Helfer laufen in Linienformation und in geringem Abstand zueinander (ein bis zwei Meter) die gesamte Wiese ab. Ein Seil oder Stöcke helfen, den Abstand einzuhalten. Die Methode ist personal- und zeitaufwändig. Helfer müssen frühzeitig organisiert werden.

Mitlaufen mit der Mähmaschine

Die Methode funktioniert ähnlich wie das Ablaufen der Wiese in einer Menschenkette. Ein bis zwei Helfer laufen die Wiese parallel zur Mähmaschine ab. Während der Bauer einen Wiesenstreifen mäht, wird der nächste zu mähende Streifen abgesucht. Das macht man so lange, bis die Wiese vollständig gemäht ist.

Drohne

Sehr effizient und immer beliebter ist der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkamera. In den frühen Morgenstunden werden die zu mähenden Flächen mit der Drohne abgeflogen. Ein Kitz erscheint im Monitor als Wärmequelle und kann dann gezielt von einem Helfer in Sicherheit gebracht werden. Die Wärmesignatur ist in den kühlen Morgenstunden sehr deutlich zu erkennen. Sobald die Sonne auf die Felder scheint, erwärmen sich auch Steine und Maulwurfshügel. Die Unterscheidung zwischen den einzelnen Wärmequellen wird immer schwieriger. Die besten Erfolge erzielt die Kitzrettung mit der Drohne deshalb in den frühen Morgenstunden.

Technische Hilfsmittel

Inzwischen gibt es einige technische Hilfsmittel, auf die Jäger und Bauern zurückgreifen können. Der tragbare Infrarotwildretter ist eine rund 6 m lange Stange mit Sensoren, die die Kitze in der Wiese orten. Man bindet sich den Retter um den Hals und läuft damit die Wiese ab.

Am Mähwerk können spezielle Sensorbalken montiert werden. Sie warnen den Fahrer oder heben das Mähwerk an, sobald ein Hindernis gefunden wird.

Der akustische Wildretter oder die Hubertussirene für das Mähwerk eignet sich zum Aufscheuchen von älteren Kitzen und mobilen Wildarten. Die kleinen, kostengünstigen Geräte geben einen lauten Piepston von sich und animieren so die Wildtiere zur Flucht. Bei jungen Kitzen ist der Retter wirkungslos.

Wildtierfreundliches Mähen

Mähmethode

Beim wildtierfreundlichen Mähen gilt: gemäht wird immer von innen nach außen oder von einer Seite zur anderen beziehungsweise von der Straße weg Richtung Wald. So bleibt den Wildtieren ein Fluchtweg offen. Mäht man hingegen von außen nach innen, laufen die Tiere immer weiter in die Mitte der Wiese. Am Ende wird auch dieses Stück gemäht und die Gefahr der Vermähens ist hoch.

Der richtige Umgang mit gefundenen Kitzen

  • Kitze nie mit bloßen Händen anfassen. Handschuhe oder dicke Grasbüschel verhindern, dass sich der menschliche Geruch auf das Kitz überträgt.
  • Kitze in einer Kiste sichern und an den Wiesenrand stellen. Die Kiste muss mit Luftlöchern versehen und vor der prallen Sonne geschützt werden. Beschweren Sie die Kiste mit Steinen, damit das Kitz nicht ausbrechen kann. So kommt auch der Fuchs nicht ans Kitz.
  • Zum Einsatz kommen darf alles, was der Sache dient: einfache Obstkisten, Wäschekörbe, Kisten mit Scharnieren und einem kleinen Schloss, Katzentransportboxen und so weiter.
  • Nach der Mahd muss das Kitz gleich wieder freigelassen werden. Die Geiß ist nie weit weg und holt es ab.

Webinar Rehkitzrettung vom 12. Mai 2021

Hier können Sie sich die Einzelvideos des Webinars zur Rehkitzrettung vom 12. Mai 2021 nochmals ansehen.

Modul 1 – Das ABC der Rehkitzrettung

Birgith Unterthurner
Südtiroler Jagdverband

Modul 3 – Rehkitzrettung mit Drohnen

Claus Langebner
Alp-Drone

Modul 2 – Der Multiplex Kitzretter

Diether Platzgummer
Firma Tecnomag

Modul 4 – Rehkitzrettung mit Drohne im Jagdrevier Naturns

Heinz-Dieter Meier
www.kitzrettung.com

Weitere Informationen und Kontakt

Kontakt

Der Südtiroler Jagdverband steht seinen Mitgliedern gerne in beratender Funktion zur Seite.

Kontakt für die Kitzrettung im Südtiroler Jagdverband:

Peter Preindl
peter.preindl@jagdverband.it