Raufußhuhnbalz: Ruhe bitte!

13. April 2023

Das Erleben des morgendlichen Gesangs unserer Raufußhühner hat etwas Faszinierendes. Das Anbrechen des Tages, das Aufgehen der Sonne, die Naturlandschaft und die scheuen Tiere selbst tragen zu einem unvergesslichen Erlebnis bei und lassen so manche Anstrengung am frühen Morgen schnell vergessen.

Wenn die Hennen kommen, braucht es Ruhe

Die Balzsaison ist für die Wildhühner allerdings auch eine sehr sensible Zeit. Die Anwesenheit der Hennen beschränkt sich bei Auer- und Birkwild auf wenige Tage. Gerade diese Tage sind von größter Wichtigkeit für den Fortbestand der Population, weshalb Störungen während des Balzgeschehens unbedingt zu vermeiden sind. Langjährige Beobachtungen aus gut getarnten Unterständen haben es mir ermöglicht, das Verhalten des Auerwildes im Blick auf unterschiedliche Störungen zu beobachten.

Die Hennen sind nur wenige Tage auf dem Balzplatz anwesend. Dann sind Störungen besonders schlimm.

Wer stört?

Während die Hühnervögel beim Eintreffen eines Fuchses auf die Bäume flattern und die Hähne dort worgen, flüchten sie vor Greifvögeln wie Steinadler oder Habicht vor allem unter die Bäume, um dort Schutz zu suchen. Gerade durch das kleinere Habichtmännchen sind vor allem starke Hähne weniger zu beeindrucken. Allein beim Eintreffen des Menschen verlassen die Auerhühner fluchtartig den Balzplatz, reiten zumeist ab und treffen am selben Vormittag nicht mehr oder mindestens erst eine Stunde später ein. Beim Fuchs kehren die Vögel schon nach einer halben Stunde wieder auf den Boden zurück und auch bei den Greifvögeln sind die Tiere schnell wieder an ihren Plätzen, sobald die Gefahr aus der Luft gebannt ist.  In beiden Fällen läuft das Balzgeschehen dann weiter. Anders ist es nur bei der Störung durch den Menschen. Damit wird deutlich, dass die Störung durch den Menschen die einschneidendsten Auswirkungen auf das Balzverhalten der Tiere hat. Tritt sie folglich häufiger und vor allem an Tagen mit Hennen auf, kann dies tatsächlich negative Auswirkungen auf die Population haben.

Menschen stören mehr als Beutegreifer. Raufußhühner reagieren bei der Balz empfindlicher auf die Anwesenheit von Menschen als auf die Anwesenheit von Fuchs, Adler und Habicht.

Elefanten im Porzellanladen

Vor allem beim Auerwild ist die Komplexität des Paarungsverhaltens nur schwer zu durchblicken und variiert in Ablauf und Intensität aufgrund der Witterung und dem Angebot an geeigneter Nahrung für die Hennen und anderer Faktoren. Durch das häufigere Auftreten von Störungen kann es zur Verschiebung oder gar zur Aufgabe von Balzplätzen kommen. Das Anspringen oder Anpirschen des großen Hahnes am Baum bis auf wenige Meter zu fotografischen Zwecken ist problematisch, weil nach einer kurzen Gesangszeit am Baum, die intensive Bodenbalz beginnt. Fällt der Hahn plötzlich am Boden ein, besteht die Gefahr, dass er den Menschen sofort erblickt. Darüber hinaus ist es problematisch, sich früh morgens ins Zentrum des Balzplatzes zu bewegen. Bei anbrechendem Tageslicht und beginnender Bodenbalz besteht keine Chance, unentdeckt zu bleiben. Zudem singen gerade zur Zeit der Hochbalz die Hähne unterschiedlich intensiv vom Baum. Es gibt einzelne Individuen, die kaum oder wenig melden und deshalb auch schneller mögliche Gefahren erkennen.

Wald-Paparazzi aufgepasst!

Das immer stärker zunehmende Hobby der Naturfotografie, das auch Jäger mehr und mehr fasziniert, ist eine erfüllende Tätigkeit. Doch auch die Wildtierfotografie bedarf einer ethischen Reflexion, damit das Wohl der Wildtiere nicht aus dem Blick verloren wird und es durch unsachgemäßes Verhalten nicht zu negativen Auswirkungen für die Wildart kommt. Dies gilt vor allem für sensible Arten wie die Raufußhühner. Eine Beobachtung aus einer gewissen Distanz oder eine perfekte Tarnung sind unbedingt notwendig, um die Vögel nicht zu stören. Es gilt zu bedenken, dass gerade bei gut besetzten Balzplätzen die Aktivität beim Auerwild bis in den frühen Nachmittag hinein andauern kann. Auch das Treten der Hennen erfolgt keineswegs nur im Morgengrauen, sondern kann auch am späteren Vormittag stattfinden. Dies gilt es unbedingt zu berücksichtigen. Balzplätze zu kennen, heißt zum Schutz der Tiere auch Geheimnisse bewahren zu können.

Markus Moling