„Oculi, da kommen sie“

2. April 2021

Oculi, so heißt der 3. Fastensonntag auf Latein. Er soll der Stichtag sein, an dem die ersten Schnepfen wieder bei uns zu beobachten sind. So sagt zumindest ein alter Merkvers. Der Spruch gibt den Jägern anhand der Fastensonntage Auskunft über das Vorkommen der Schnepfe zur jeweiligen Zeit. Er lautet wie folgt:

Reminiscere  – putz die Gewehre;
Oculi – da kommen sie;
Laetare – das ist das Wahre;
Judica – sind sie auch noch da;
Palmarum, trallarum,
Quasimodogeniti – Halt Jäger halt, jetzt brüten sie!

Die Waldschnepfe übt eine besondere Faszination auf viele Jäger aus. Die heimliche, am Waldboden lebende Limikole ist ein Einzelgänger. Deshalb weiß man nur wenig über ihre Bestände. In Südtirol brüten noch einige Waldschnepfen in niedrigeren Lagen. Viele der Tiere, die man bei uns sieht, sind aber lediglich auf der Durchreise zu ihren Überwinterungs- oder Brutgebieten.

Nichtsdestotrotz lässt sich auch bei uns zwischen März und Mai ein ganz besonderes Spektakel erleben. Der „Schnepfenstrich“, wie der Balzflug der Waldschnepfe auch genannt wird, ist schwerpunktmäßig vor allem im Unterland zu beobachten. Bei seinem Balzflug streicht das Männchen während der Dämmerung in Baumkronenhöhe über Lichtungen und Waldränder und gibt dabei seinen lautstarken Balzruf zum Besten. Das „Murksen und Puitzen“ ist unverkennbar.

 

Früher wurde der Schnepfe im Frühjahr „auf dem Schnepfenstrich“ nachgestellt. Der Jäger wartete im „Anstand“, also in guter Deckung, auf die streichenden Schnepfen. Flogen mehrere Schnepfen beieinander, wurde möglichst das hintere Tier erlegt. Der Gruppe voran fliegen nämlich die Weibchen. Männchen sind nach der Paarung nicht mehr am Brutgeschehen beteiligt, weswegen man damals selektiert auf sie Jagd machte und die Weibchen schonte.

Heute ist die Jagd auf die Waldschnepfe in Südtirol nur mehr vom 1. Oktober bis zum 15. Dezember erlaubt. Dabei kommen Vorstehhunde zum Einsatz, die die Tiere aufspüren. Männchen und Weibchen lassen sich bei dieser Form der Jagd kaum sicher unterscheiden.

Schnepfen können in der Küche gut verarbeitet werden. Das taubengroße Tier kann ähnlich wie anderes Geflügel zubereitet werden, aber auch die Innereien, „Schnepfendreck“ genannt, fanden ihren Weg in die Küche.

Als Trophäe nehmen sich Jäger gerne den Schnepfenbart. Dafür nutzt man die flaumigen Federbüschel über der Bürzeldrüse. Auch die „Malerfederchen“ oder Schnepfengrandeln, das sind verkümmerte, spitze Federn am Schwingenbug, werden traditionell als Hutschmuck getragen. Den Namen verdanken die Malerfederchen übrigens der Tatsache, dass Kunstmaler die Federn früher teuer erwarben und als feine Pinsel nutzten.