Hirschbrunft – Rotwild im Ausnahmezustand

7. Oktober 2020

Im Gebirge ticken die Uhren anders

In den osteuropäischen Tieflagen melden die ersten Hirsche bereits Anfang September. Bei uns im Gebirge fällt der Startschuss erst Mitte September und die Brunft klingt Mitte Oktober langsam aus.  Ökologisch macht diese Verschiebung Sinn. Unsere Hirsche gewinnen dadurch Zeit, sich zusätzliche Fettreserven für die Brunft und den darauffolgenden Winter anzufressen. Nachdem sie während der Brunft rund 20% ihres Körpergewichtes verlieren, ist dieser Zeitbonus sehr vorteilhaft. Durch die Verschiebung werden die Tiere später beschlagen und setzen dementsprechend später. Das hat den Vorteil, dass die Kälber zu einer Zeit geboren werden, in der auch im Gebirge endlich der Frühling beginnt und damit hochwertige Nahrung für Tier und Kalb zur Verfügung steht.

Hormone sind das Um und Auf

Auslöser für die Brunft ist die sich verändernde Tageslänge. Durch das Wechselspiel der Tag/Nacht-Gleiche werden Hormone aktiviert. Beim Hirsch geschieht dies schon etwas früher als beim Tier, nämlich Ende August. Der steigende Hormonspiegel beeinflusst das Verhalten und den Geruch des Hirsches. Die Nebenhoden beginnen mit der Spermienproduktion. Der Hirsch zeigt jetzt die für die Brunft typischen Verhaltensmuster wie Röhren oder das Verspritzen von Urin.

Bei den Tieren lösen die Hormone die Reifung der Eizellen aus. Es wird angenommen, dass sich Weibchen zeitlich untereinander abstimmen können, um so die Brunft möglichst kurz zu halten. Der Trick: brunftige Weibchen scheiden geringe Mengen an Pheromonen aus, die die noch nicht brunftigen Tiere zum Nachziehen anregen.

Gut zu wissen: Hirschurin enthält während in der Brunftzeit Duftstoffe, die das Paarungsverhalten der Weibchen beeinflussen. Erst durch das aufwändige Werbeverhalten der Hirsche kommen die Tiere endgültig in Brunftstimmung.

Die Erfahrung macht den Unterschied

Reife Hirsche sind besonders wichtig für den Brunftablauf. Eine Brunft mit erfahrenen Hirschen verläuft kurz und koordiniert, die Setztermine im Frühjahr fallen möglichst früh und einheitlich aus. Fehlen Althirsche im Bestand, sind es die Junghirsche, die das Brunftgeschehen leiten. Die Brunftdauer wird aufgrund ihrer Unerfahrenheit oft maßgeblich in die Länge gezogen. Spät gesetzte Kälber finden meist schlechtere Voraussetzungen im Lebensraum vor als früh gesetzte.