Ö1 Podcast „Vom Leben der Natur“

Existieren auf Sparflamme – Bitte nicht stören!

Der Wildbiologe Walter Arnold über Strategien der Wildtiere, den Winter zu überleben.

26. Jänner 2020

In einer Podcast-Serie des Radiosenders Ö1 spricht Univ.-Prof. Dr. Walter Arnold, Leiter des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, von den Überwinterungsstrategien der heimischen Wildtiere.

Der Winter ist eine besonders harte Zeit für unsere Wildtiere. Sie müssen mit niedrigen Temperaturen und einem geringen Nahrungsangebot zurechtkommen. Viele Arten haben sich im Laufe der Evolution an diese Herausforderungen angepasst. „Gämsen, Steinböcke oder Rothirsche schrauben ihre Stoffwechselaktivität im Winter um die Hälfte herunter“, erklärt der Wildbiologe Walter Arnold. Die Tiere reduzieren ihre Körpertemperatur und damit den Stoffwechsel. Der Steinbock kann seine Stoffwechselleistung so sehr runter schrauben, dass es dem Stoffwechsel eines Bären im Winterschlaf schon sehr nahe kommt. Die Bewegungsfreiheit des Steinbocks bleibt im Vergleich zu einem richtigen Winterschläfer zwar erhalten, ist aber stark eingeschränkt. Aufstehen, hinlegen, fressen – das Leben spielt sich für diese Tiere in Zeitlupe ab.

In diesem Energiesparmodus sind Wildtiere besonders empfindlich gegenüber Störungen. Ob Skitourengehen oder Schneeschuhwandern, mit jeder dieser Aktivitäten betreten wir das Wohn-, oder besser gesagt das Schlafzimmer der Wildtiere und setzen die Tiere einer Stresssituation aus. Häufen sich die Störungen, bleiben die Tiere in Alarmbereitschaft und setzen ihren Stoffwechsel nicht mehr so stark herab. Das kostet wertvolle Energie, wie eine Studie von Walter Arnold und seinem  Team an der Veterinärmedizinischen Universität Wien belegt. Mithilfe von miniaturisierten Messgeräten wurden die wichtigsten Körperfunktionen von Gämsen, Steinböcken und Rothirschen im Jahresverlauf untersucht. Das Ergebnis: Bei Störungen bleiben Wildtiere im Winter aktiver. Damit steigt der Energieverbrauch. Wenn sich die Tiere dazu noch fürchten und sich nicht mehr in den Energiesparmodus trauen, steigt der Energieverbrauch weiter an. Insgesamt nimmt der Energieverbrauch bei häufiger auftretenden Störungen um rund ein Drittel zu!

„Das langsame Weggehen der Tiere bei der Flucht vermittelt einen falschen Eindruck“, so Walter Arnold. „In Wirklichkeit leben die Tiere am Limit. Jede Kalorie ist lebenswichtig und damit auch jede Möglichkeit der Energieeinsparung.“ 

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