Länderübergreifendes Raufußhühnersymposium

 

Die Raufußhühner verlieren zusehends ihren Lebensraum, die Populationen gehen mancherorts zurück. Was Jäger, Waldbewirtschafter und Naturschützer gemeinsam für den Erhalt der Raufußhühner unternehmen können, erörterten internationale Fachleute auf Einladung der Jagdverbände Südtirols, Tirols und Bayerns am 24. und 25.10.2019 im Vinzentinum in Brixen.

Immer schon haben die Raufußhühner die Menschen fasziniert. Namensgebend für diese Vogelfamilie sind ihre befiederten, oft mit Hornplatten versehenen Füße. Diese verhindern das Einsinken im Schnee. Überhaupt sind diese Gebirgsvögel bestens an ein Leben in kalten Regionen angepasst, stellen aber gleichzeitig ganz spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie sind so genannte „Habitatspezialisten“.

Habitatspezialisten haben schlechte Karten

Solche Habitatspezialisten können kaum in andere Lebensräume ausweichen und genau darin besteht die Gefahr. Verschlechtern sich ihre Lebensbedingungen, dann nehmen ihre Bestände unweigerlich ab. In vielen Gebieten der Alpen wird seit Jahren ein Rückgang der Raufußhühner verzeichnet, als Hauptursache dafür gilt die Lebensraumverschlechterung. Deshalb gibt es in vielen Ländern Schutzprogramme und Aktionspläne. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Waldbewirtschaftung und die Bewirtschaftung der Almen im Hochgebirge sowie die Lenkung der Freizeitsportler.

Raufußhuhnschutz in Südtirol

Seit 2008 werden jedes Jahr in allen 7 Südtiroler Naturparken Projekte umgesetzt, um Raufußhuhn-Lebensräume zu schützen und zu erhalten. Diese werden von der Abteilung Forstwirtschaft und der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung getragen. Insgesamt wurden 125 Einzelprojekte durchgeführt, über 3 Mio. Euro wurden investiert, berichtet Markus Kantioler vom Amt für Naturparke.

Jäger als Anwalt der Raufußhühner

Auch die Südtiroler Jäger sind sich ihrer Verantwortung für den Erhalt einer artenreichen Tierwelt und ihrer Rolle als Anwalt der Raufußhühner bewusst. Einige Jagdreviere sind schon seit Jahrzehnten im Kleinen aktiv und es werden immer mehr. Allein in den letzten 3 Jahren leisteten die Jägerinnen und Jäger des Landes 8.780 ehrenamtliche Arbeitsstunden bei der Pflege aufgelassener Almflächen, um dem Birkhuhn und vielen anderen Arten diesen wichtigen Lebensraum zu erhalten. Koordiniert werden diese Maßnahmen von der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.

Monitoring in Südtirol

Thomas Clementi vom Amt für Jagd und Fischerei und Lothar Gerstgrasser vom Südtiroler Jagdverband verfolgen seit 2008 die Entwicklung der Schnee- und Steinhühnerbestände in Südtirol. Die Schneehühner nahmen in diesem Zeitraum leicht zu. Schneearme Winter und sehr heiße Sommer mit wenig Restschneefeldern scheinen sich aber negativ auf die kälteliebenden Vögel auszuwirken. In Südtirol werden auch die Steinhuhnbestände genauestens erhoben. Dieser Vogel zählt zu den Glattfußhühnern, wie Fasan und Wachtel. Steinhühner mögen es warm, sie leben fast ausschließlich an sonnenexponierten felsigen Grashängen. Derzeit ist die Dichte hoch, mitunter gibt es von Jahr zu Jahr größere Schwankungen, wobei sich langanhaltende flächige Schneebedeckung negativ auswirkt. Steinhühner reagieren aber rasch auf gute Umweltbedingungen und erholen sich schnell wieder nach einem Einbruch.

Windwurf als Chance für die Tierwelt

Der bekannte Kärntner Raufußhuhnexperte Hubert Zeiler sieht in den Windwürfen des vergangenen Winters eine Chance für die Tierwelt, auch für das selten gewordene Haselhuhn. Dem kleinen Waldhuhn sagen nämlich genau jene artenreichen Waldbilder mit reichhaltiger Pioniervegetation zu, die infolge von solchen Katastrophen mit der Zeit entstehen, wenn man sie der Natur überlässt. Überhaupt ist es verhältnismäßig einfach, geeigneten Haselhuhnlebensraum zu erhalten, weiß der Wildbiologe. Oft reichen dafür Stichwege, die begrünt werden. Wichtig ist das Belassen von Birken, Erlen, Weiden, Vogelbeeren und Aspen im Nadelwald.

Schwedische Wildhühner verstärken die Bestände in Bayern

Die Wildland-Stiftung Bayern engagiert sich als Naturschutzorganisation des Bayerischen Jagdverbands seit den 70er Jahren im Schutz des Birkwilds in der Rhön. Zum einen werden die natürlichen Fressfeinde des Birkhuhnes intensiv bejagt, wenn sie Überhand nehmen, zum anderen werden Biotopverbesserungen durchgeführt und Konzepte zur Besucherlenkung entwickelt. Torsten Kirchner, Gebietsbetreuer des Naturschutzgebietes, berichtete vom Auswilderungs-Projekt zur genetischen Auffrischung der Birkhühner in der Rhön. In den Jahren 2010 bis 2019 wurden nach und nach 167 Birkhühner in Schweden gefangen und ausgewildert. Nachdem das Rhönprojekt zeigte, dass Fang und Transport der Tiere gut funktionierten, startete man auch in anderen Regionen Mitteleuropas ähnliche Projekte.

Was sind wir bereit, für die Natur zu tun?

Für den Philosophie-Professor Markus Moling der Theologischen Hochschule Brixen zählen die Wildhühner zweifelsohne zu den besonders wertvollen Arten unserer Alpen. Viele Menschen wissen gar nicht mehr, dass diese besonderen Wildarten in unseren Alpen vorkommen. Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung sind deshalb notwendig, denn nur so können Menschen für den Schutz gewonnen werden. Welche Natur wollen wir in Zukunft haben und was sind wir bereit, dafür zu geben? Diese Auseinandersetzung birgt eine große Chance, denn sie ermöglicht einen Schulterschluss zwischen Jagd und Naturschutz, Tourismus, Forstwirtschaft und Landschaftsplanung.

 

Was können Jäger, Grundeigentümer, Waldbewirtschafter, Naturschützer und die öffentliche Verwaltung für die Raufußhühner tun?

  • Almflächen offen halten für das Birkhuhn, zugewachsene Flächen auflichten, einzelne Inseln mit Gehölzgruppen und Zwergsträuchern belassen
  • Erhalt der traditionellen Almwirtschaft und – wo möglich – der Waldweide
  • Lebensräume, insbesondere die Balzplätze, vor Störungen und Erschließung schützen
  • Wälder pflegen, kleinflächige Holznutzung
  • Laubhölzer im Nadelwald fördern für das Haselhuhn, Stichwege und Seitenwege begrünen
  • Auf Windwurfflächen eine natürliche Entwicklung zulassen
  • Natürliche Fressfeinde (Fuchs) jagdlich regulieren
  • Raumplanung der Lebensräume, gezielte Erfassung und koordinierte Erhaltung der bestehenden Habitate
  • Monitoring fortführen und ausbauen
  • Pflege des bestehenden Wander- und Mountainbikewegenetzes, keine Errichtung von neuen Trassen
  • Pflicht einführen für die Durchführung großflächiger Maßnahmen zu Gunsten der Wildtiere bei Neuerschließung oder Erweiterung von bestehenden Wegtrassen (Vertragsnaturschutz)
  • Freizeitaktivitäten an und über der Waldgrenze zurücknehmen, vor allem in der Abend- und Morgendämmerung
  • Für den Klimaschutz eintreten, denn die Klimaerwärmung drängt die kälteliebenden Hühnervögel immer weiter nach oben